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Pressemitteilung – 20. August 2018
Jährlich verunfallen in Österreich rund 500 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren zu Fuß, mit dem Fahrrad oder mit dem Moped auf dem Schulweg.
Wichtigste Schutzmaßnahmen: Ablenkungen vermeiden, Verkehrserziehung in Schule und Fahrschule verbessern und sicheren Weg immer wieder mit dem Kind üben!
Jeder zehnte Verunfallte zieht sich schwere Verletzungen zu.Rund 4.200 Kinder und Jugendliche zwischen 6 und 15 Jahren verunfallen lt. Statistik Austria hierzulande jährlich im Straßen-verkehr, gut 11 % davon auf dem Schulweg.
11 – 13-Jährige besonders gefährdet
Am häufigsten von Schulwegunfällen betroffen sind nicht – wie man vielleicht vermuten würde – die Taferlklassler, sondern die 11–13-Jährigen. Sie sind oftmals mit dem Fahrrad unterwegs und damit einer höheren Gefährdung ausgesetzt als FußgängerInnen. Auch Unachtsamkeit durch die vermeintliche Routine und Ablenkungen wie Handy, Kopfhörer etc. spielen in dieser Altersgruppe eine gravierende Rolle.
Am Schulweg verunfallen Buben und Mädchen als FußgängerInnen und MopedlenkerInnen gleich oft, mit dem Fahrrad haben Buben aber doppelt so oft wie Mädchen einen Unfall.
Die meisten Schulwegunfälle ereignen sich von Mai bis Juni (Hochsaison für Fahrrad und Moped) sowie im Oktober (Kinder werden auf dem Schulweg nicht mehr begleitet).
Erwachsene VerkehrsteilnehmerInnen haben größte Verantwortung
Ablenkungen und Vorrangverletzungen sind über alle Altersgruppen hinweg Hauptunfallursachen.
Aber: Bei weniger als der Hälfte der Schulwegunfälle ist das Kind bzw. der Jugendliche Hauptverursacher. „Wenn Sie selbst ein Auto lenken, verzichten Sie zum Schutz von Kindern darauf, Ihr Handy oder das Navi zu bedienen und heruntergefallene Gegenstände aufzuheben. Beschäftigt mit dem Handy oder dem Bedienen eines Navigationsgerätes können Dreiviertel der LenkerInnen ihr Fahrzeug bei einer Geschwindigkeit zwischen 30 und 50 km/h vor einem plötzlich auftauchenden Hindernis nicht zum Stehen bringen“, gibt Univ.-Prof. Dr. Holger Till, Präsident des Vereins GROSSE SCHÜTZEN KLEINE und Vorstand der Grazer Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie zu bedenken. Das Unfallrisiko ist beim Schreiben von Handynachrichten mindestens achtmal höher. Auch die Freisprecheinrichtung bringt wenig: Wer beim Autofahren telefoniert, reagiert ähnlich langsam und schlecht wie bei 0,8 Promille Alkohol im Blut. Außerdem lohnt es sich immer wieder mal einen Blick auf den Tacho zu werfen, denn schon 5 km/h langsamer fahren bewirkt 15% weniger verletzte und 25% weniger getötete FußgängerInnen. „Denken Sie immer daran: Kinder handeln oft unvorhersehbar, laufen beispielsweise plötzlich über die Straße und sind deshalb vom Vertrauensgrundsatz ausgenommen!“, erinnert Till an eine wichtige Grundregel aus der Fahrschule.
Verkehrserziehung in Schule und Fahrschule ausbaufähig
Dr. Peter Spitzer, Verkehrssicherheitsexperte und Leiter des Forschungszentrums für Kinderunfälle beim Verein GROSSE SCHÜTZEN KLEINE betont: „Viele VerkehrsteilnehmerInnen aller Altersgruppen haben ein unzureichendes Regelwissen. Deshalb zählt die Vorrangverletzung zu den Hauptunfallursachen. Außerdem mangelt es vielen an „Verkehrsempathie“: Sie schauen nicht, ob der andere aufmerksam ist, was er gerade macht. Mit Rücksicht und „Nachgeben“ könnte man viele Unfälle verhindern. Vor allem Kinder und Jugendliche haben nur beschränkte Fähigkeiten was den Rollen-/Perspektivenwechsel betrifft. Darauf sollte man in der Fahrschule besonderes Augenmerk legen.
In der Volksschule ist Verkehrserziehung zwar eine verbindliche Übung, jedoch fehlt den PädagogInnen die entsprechende Ausbildung. Empfehlenswert wäre ein Stufenplan, der den Kindern bis zur 3. Schulstufe intensive Verkehrskompetenz als FußgängerIn und von der 4. – 5. Schulstufe als RadfahrerIn einprägsam und praktisch vermittelt.
Die Mopedführerschein-Ausbildung sollte besser mit der Autoführerschein-Ausbildung verwoben werden. Der Mopedführerschein wird von vielen Fahrschulen derzeit zu Schleuderpreisen als „Lockmittel“ für den Führerschein B angeboten und ist daher in Theorie wie Praxis zu seicht“.
Schulweg auch mit älteren Kindern üben
Der Schulweg sollte möglichst sicher gewählt (kleinere Umwege unbedingt der Sicherheit zuliebe in Kauf nehmen!) und immer wieder geübt werden und zwar nicht nur mit den SchulanfängerInnen, sondern mit allen Volksschulkindern und den 10-Jährigen, die ins Gymnasium bzw. in die Neue Mittelschule wechseln. Denn auch wenn der Weg nicht neu ist: erstens wird über die Ferien viel vergessen, zweitens haben sich oft wichtige Punkte verändert, drittens ist die vermeintliche Routine oft trügerisch. Eltern von SchulanfängerInnen sollten sich, gemeinsam mit dem Nachwuchs, am besten schon in den letzten Ferienwochen ausführlich mit dem sichersten Schulweg befassen.
„Elterntaxis“ als Gefahr vor Schulen
Die Anzahl der Kinder, die zu Fuß zur Schule gehen, nimmt grundsätzlich ab. Gerade vor Volksschulen sind kurz vor Schulbeginn zu viele Autos unterwegs – weil Kinder zunehmend von den Eltern gebracht werden. Durch regelmäßige „Hol- und Bringdienste“ werden aber Kinder, die zu Fuß unterwegs sind, wesentlich stärker gefährdet. In Salzburg gibt es bereits gute Erfahrungen mit der Sperrung von Straßenzügen in der halben Stunde vor Schulbeginn. Außerdem profitieren Kinder mehrfach davon, den Schulweg zu Fuß zurückzulegen: Nicht nur deren Sicherheit sich im Straßen-verkehr zu bewegen wird gefördert, sondern auch positive Auswirkungen auf die Bewegungsfreude, soziale Beziehungen und die Konzentrationsfähigkeit im Unterricht sind zu beobachten.
Zusätzliche GROSSE SCHÜTZEN KLEINE SicherheitsTIPPS für den Schulweg:
- Planen Sie unbedingt ausreichend Zeit ein: Stress erhöht die Unfallgefahr!
- Ausgeschlafen und gut gefrühstückt? Das ist bei Schulkindern besonders wichtig für Aufmerksamkeit und Konzentration – nicht nur in der Schule, sondern auch am Weg dorthin.
- Achten Sie darauf, dass Ihr Kind besonders in der dunklen Jahreszeit helle oder reflektierende Kleidung und eine Schultasche mit ausreichend großen Reflektoren trägt (DIN Norm 58124)!
Wenn Ihr Kind zu Fuß geht:
- Auf dem Gehsteig ist es wichtig, möglichst weit innen zu gehen und nicht zu laufen, zu schubsen oder Abfangen zu spielen.
- Zeigen Sie Ihrem Kind, dass es an Ampeln auch auf abbiegende Fahrzeuge achten muss!
- Erklären Sie Ihrem Kind, dass es auch vor einem Zebrastreifen erst losgehen darf, wenn alle Fahrzeuge stehen!
Wenn Ihr Kind mit dem Fahrrad unterwegs ist:
- Erst nach der Radfahrprüfung darf Ihr Kind alleine mit dem Fahrrad oder dem Scooter zur Schule fahren. Mit dem Scooter muss es am Gehsteig fahren.
- Radfahren ist eine sehr komplexe Tätigkeit. Überschätzen Sie deshalb die Fähigkeiten Ihres Kindes nicht und üben Sie immer wieder gemeinsam die richtige Beherrschung des Fahrrades!
- Denken Sie an die Helmpflicht bis 12 Jahre (und die dringende Helmempfehlung über dieses Alter hinaus) und an regelmäßige Sicherheitsüberprüfungen des Fahrrads!
Wenn Ihr Kind mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule fährt:
- An Haltestellen nicht zu nah am Straßenrand stehen und nicht Schubsen/Drängeln.
- Nach dem Aussteigen warten bis der Bus/die Straßenbahn weggefahren und die Sicht frei ist, bevor die Straße überquert wird.
Wenn Ihr Kind mit dem Auto zur Schule gebracht werden muss:
- Halten Sie an einer geeigneten, sicheren Stelle in der Nähe der Schule an und lassen Sie Ihr Kind das letzte Stück zu Fuß gehen!
- Das Kind sollte immer an der Gehsteigseite aussteigen können.
Weiterführende Info
zur Gefahr der Ablenkung im Straßenverkehr finden Sie